Kokerei Hansa Dortmund

Begehbare Großskulptur

17 Kokereien entstanden während des Rationalisierungsschubs in den 1920er-Jahren im Ruhrgebiet. Die Zentralkokerei Hansa - 1928 gebaut als Teil eines Produktionsverbundes von Bergwerk, Kokerei und Hüttenwerk ­- ist als einzige heute noch erhalten. Als "begehbare Großskulptur" gewährt die Anlage spannende Einblicke in die Vergangenheit einer beeindruckenden Industrieanlage ebenso wie in entscheidende Aspekte des Strukturwandels. Per Erlebnispfad geht es für die Besucher direkt in die imposante Kompressorenhalle, auf den Kohlenturm oder in Bereiche, die sich die Industrienatur zurückerobert hat. Die Kokerei befindet sich heute in Obhut der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.

Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur

Seit 1995 setzt sich die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur - bundesweit einzigartig - für den Erhalt hochrangiger Industriedenkmale in NRW ein. Ihr Ziel, neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte, besteht vor allem darin, die Denkmale einer neuen Nutzung zuzuführen und sie öffentlich zugänglich zu machen. Die Stiftung hat ihren Sitz auf der Kokerei Hansa in Dortmund.

Transportbrücke der Kokerei Hansa in Dortmund, 1952.
Transportbrücke der Kokerei Hansa in Dortmund, 1952. © Archiv Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Leistungsfähige Zentralkokerei

1870 nahm die Zeche Hansa den Betrieb auf; 1895 entstand auf dem Gelände auch eine erste eigene Kokerei. Rationalisierungsmaßnahmen in der Schwerindustrie machten jedoch "gewaltigere Dimensionen" notwendig: Die Großkokerei Hansa war eine von 17 neuen und leistungsfähigen Zentralkokereien, die zwischen 1926 und 1929 im Ruhrgebiet gebaut wurden. Der Ortsteil Huckarde lieferte dafür ideale Standortbedingungen. Allen voran die günstige Lage zum Hüttenwerk der Dortmunder Union, einem Werk des Großkonzerns Vereinigte Stahlwerke, dem seit 1926 auch Hansa und die Gelsenkirchener Bergwerks AG angehörten. Die neue Zentralkokerei löste abgewirtschaftete Anlagen auf den Zechen Hansa, Tremonia, Zollern und Germania ab und zählte - mit einer Koksproduktion von täglich bis zu 5200 Tonnen in Spitzenzeiten - lange Zeit zu den größten Kokereien des Ruhrgebiets.

Bedeutung der Schwerindustrie

Im Jahre 1980 wurde die Zeche Hansa nach 110 Jahren Förderzeit stillgelegt. Andere Bergwerke versorgten die Dortmunder Kokerei zunächst; dann kam 1992 auch für sie das Aus. Die Stillegung von immer mehr Hochöfen im Zuge der Stahlkrise hatte auch die Nachfrage nach Koks einbrechen lassen; preisgünstigeres Erdgas ersetzte zu großen Teilen die bislang genutzten Kokereigase.

Als Ankerpunkt ist die Kokerei Hansa heute ein einzigartiges Beispiel für die immense Bedeutung der Schwerindustrie in der Region. Trotz zahlreicher Umbaumaßnahmen ist die Anlage im Wesentlichen erhalten geblieben und gibt Zeugnis von der rationalen Betriebsplanung entlang zweier Werksstraßen: einer „schwarzen Straße”, an der sich die Anlagen der Koksproduktion befinden, und einer „weißen Straße”, auf der das Koksgas aufbereitet wurde.

Kompressorenhalle der Kokerei Hansa von 1928.
Kompressorenhalle der Kokerei Hansa von 1928. © RIK/Staudinger

Geschichte und Stadtprojekte

Seit 1995 gehört die Kokerei Hansa zur Industriedenkmalstiftung, die die Anlage vor dem Abriss bewahrte. Das konzeptionell gewollte Miteinander von Industriedenkmal und Industrienatur machte die Großkokerei zu einer "Großskulptur" von ganz eigenen Dimensionen. Hansa umfasst heute noch etwa 50 Gebäude sowie selbstständige Anlagenteile - Rohrleitungen, Rampenbrücken, Koksofenbatterien, Kaminkühler und Reinigungsanlagen. Besucher können das Gelände unter anderem im Rahmen von Führungen erleben, die sowohl die Industriegeschichte als auch Naturerlebnisse ins Zentrum rücken. Die Hansa-Gesellschaft für Industriekultur unterstützt zudem stadtteilbezogene Projekte; zugleich bildet die Kokerei das Zentrum des Hansa Revier Huckarde (HRH), das Stätten für Freizeit und Kultur vernetzt.

Tipps für Ihren Besuch

Das in der "Wassergestalt Hansa" inszenierte Regenwassertrennsystem der Kokerei Hansa in Dortmund.

Wassergestalt Hansa

Besucher können auf der Kokerei Hansa nicht nur dem Weg der Kohle, sondern auch dem des Regenwassers folgen. Das in der "Wassergestalt Hansa" inszenierte Regenwassertrennsystem zeigt sich insbesondere im Bereich der weißen Straße der Kokerei. Ein hölzernes Modell veranschaulicht zudem, wie einst auf der Kokerei auf effiziente Weise Wasser gekühlt wurde.

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Kompressorenhalle der Kokerei Hansa in Dortmund.

Kompressorenhalle

Ohne Zweifel zählt ein Besuch der Kompressorenhalle zu den bedeutenden Technik-Erlebnissen in Europa: Einer der fünf dampfbetriebenen Gaskolbenkompressoren - ein in der gesamten Region einzigartiges Ensemble - können Besucherinnen und Besucher regelmäßig im Schaubetrieb erleben. Die Halle bildet zudem die beeindruckende Kulisse für Konzerte sowie andere Kulturveranstaltungen.

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Kletterhalle Bergwerk an der Kokerei Hansa in Dortmund.

Kletterhalle Bergwerk

Nicht allein Kultur hat im Rahmen des Strukturwandels auf Hansa Einzug gehalten. Gezielt versteht sich der Ort auch als außerschulischer Lernort und macht zusätzliche Freizeitangebote in der Region möglich. Teil dieses Konzeptes ist auch die Kletterhalle Bergwerk, die 2008 im alten Turbokompressorengebäude als eine der größten Hallen ihrer Art in Nordrhein-Westfalen eröffnete.

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Kokerei Hansa Dortmund

info@industriedenkmal-stiftung.de
+49 (231) 93112233
Emscherallee 11, 44369 Dortmund

Kurzfilm: "schwarz - weiß - bunt - Die Transformation der Kokerei Hansa"

Eindrucksvolle Ansichten der Kokerei Hansa aus der Vogelperspektive, spannende Einblicke zu den aktuellen Baumaßnahmen und in die Vorbereitungen für die Internationale Gartenausstellung Metropole Ruhr 2027 sowie ungewöhnliche "Sichtachsen" in Richtung Zukunft: All das bietet der Kurzfilm "schwarz weiß bunt – Die Transformation der Kokerei Hansa" der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.

Die komplette Playlist der Route auf dem YouTube-Channel des Regionalverband Ruhr ist hier zu finden.

Der letzte Ofen der Kokerei Hansa, 1992.
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Menschen und Macher: Helmut Stegemann, William Thomas Mulvany

Hellmuth von Stegemann und Stein

Hellmuth von Stegemann und Stein (1892-1929) war Baudirektor bei der Gelsenkirchener Bergwerks-AG und der Vereinigten Stahlwerke AG - letztere Bauherrin der Kokerei Hansa - und machte sich als Architekt mit der Planung einiger großer Bergwerksanlagen einen Namen: neben Hansa etwa auch die Großkokerei der Zeche Erin in Castrop-Rauxel und die Großkokerei der Zeche Minister Stein in Dortmund. Ähnlich wie Fritz Schupp zog er eine Anordnung der Gebäude analog zu den jeweiligen Produktionswegen vor, um Anlagen von größtmöglicher Effizienz zu schaffen. Die Kokerei Hansa ließ von Stegemann ab 1927 innerhalb von gut acht Monaten auf einer zuvor landwirtschaftlich genutzten Fläche nördlich der Zeche Hansa errichten - die Vereinigte Stahlwerke AG hatte sich zuvor bewusst gegen Neubauten auf dem Gelände der Zeche Hansa entschieden. In Aufzeichnungen finden sich auch die Namens-Schreibweisen Helmut Stegemann und Helmuth von Stegmann.

W. T. Mulvany.
W. T. Mulvany. © Wikipedia/gemeinfrei

William Thomas Mulvany

Bergbaupionier William Thomas Mulvany (1806-1885) kam 1855 als Repräsentant irischer Unternehmener nach Deutschland, die in den Steinkohlenbergbau im Ruhrgebiet investieren wollten. Mulvany engagierte englische Experten für die Zechen Hibernia in Gelsenkirchen und Shamrock in Herne. 1866 gründete er die Preußische Bergwerks- und Hütten-AG, die unter anderem die Zechen Hansa und Zollern in Dortmund sowie Erin in Castrop-Rauxel betrieb. Aufgrund seiner Verdienste - Mulvany hatte sich vor allem für die Erschließung neuer Kohlenmärkte engagiert - wurde er 1880 zum Ehrenbürger der Stadt Gelsenkirchen ernannt.