Untertagewelt auf Zeche Zollern
Zu Besuch im Montanium
Was es bedeutet, tief unter der Erde den Kräften der Natur zu trotzen, das weiß nur, wer selbst einmal unter Tage war. Das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund bietet den Besucherinnen und Besuchern deshalb seit einigen Monaten im so genannten Montanium nicht nur Einblicke in die Unter-Tage-Welt, sondern auch dazu gehörige Gerüche und den passenden Sound. Ein Gespräch mit der Museumsleiterin Dr. Anne Kugler-Mühlhofer.
Ganz tief unten
An einigen Orten auf und entlang der Route können Besucherinnen und Besucher die Arbeitswelt der Kumpel noch immer hautnah erleben. Mehr dazu unserer Unterseite
So nah dran wie möglich
Es ist dunkel, es ist laut, es vibiert: Das Montanium stellt die Arbeit unter Tage lebensecht nach. Selbst die Nasen der Besucherinnen und Besucher erhalten einen authentischen Eindruck.
Frau Kugler-Mühlhofer, wie riecht eigentlich Bergbau?
Bergbau riecht irgendwie "metallig". Also es ist ein ganz spezifischer Geruch von Metall gemischt mit Öl - Maschinenöl und Hydraulikflüssigkeit. Und dieser sehr spezifische Geruch ist durch die verbauten Maschinen und Geräte im Montanium exakt der, den ich schon sehr oft bei Grubenfahrten erlebt habe. Selbst pensionierte Bergleute geben uns bei Führungen durch das Montanium folgende Rückmeldung: Wenn sie die Augen schließen und mit dem Geruch und auch den installierten Geräuschen des Montaniums konfrontiert werden, denken sie tatsächlich, sie seien wieder unter Tage.
Sie arbeiten im Montanium nicht nur mit Gerüchen, sondern auch mit Projektionen und Geräuschen. Was erwartet Besucherinnen und Besucher?
Wir verfolgen mit diesen Projektionen und Geräuschen folgende Ziele:
1. Wir wollen mit Geräuschen und Gerüchen unsere Gäste emotional abholen. Sie sollen ein Gefühl für diesen ehemaligen Arbeitsort unter Tage entwickeln können. Denn sehr viele von unseren Gästen hatten niemals das Glück oder die Chance eine Grubenfahrt zu machen, also tatsächlich unter Tage zu sein und diesen doch sehr abgeschlossenen Arbeitsplatz eines Bergmanns kennenzulernen. Und dieses Erlebnis, diesen Einblick wollten wir Ihnen mit diesen sinnlichen Wahrnehmungen ermöglichen.
2. Sollen sie über den emotionalen Zugang auch leichter einen Zugang und Offenheit für diese technische Arbeitswelt bekommen und entwickeln. Denn das ist unser Anliegen mit den Projektionen. Kein Gast, der nicht unter Tage gearbeitet hat, hat eine Vorstellung von einem "Grubengebäude" oder den Ausmaßen dieser Arbeitswelt unter Tage, auch nicht wie Arbeitsabläufe zusammenhängen und welche Fertigkeiten und Qualifikationen benötigt wurden, um eben Kohle zu gewinnen. Mit den Projektionen versuchen wir, ansprechend und spannend die Komplexität dieser Arbeitswelt zu vermitteln. Und schließlich soll ja nicht nur ein Erkenntnisgewinn aus dem Besuch des Montaniums am Ende stehen, sondern es soll auch Spaß machen.
Wenn man etwas riechen und schmecken kann, prägt es sich ja auch stärker ein.
Genau. Wir wollten keinen "sterilen" Technik-Raum errichten, der die Gäste ohne eine Vorstellung zurück lässt. Und wie stark sinnliche Eindrücke wirken, haben Sie vielleicht schon einmal bei sich selbst feststellen können: Stellen Sie sich einen Freund vor, der Ihnen von einem Besuch bei einem Italiener erzählt. Sofort haben sie sicherlich die Erinnerung des typischen Geruchs einer Pizzeria in der Nase. Der nach frisch gebackenen Pizzabrötchen und leckerer Tomatensoße. Bei Menschen, die von Bergbau und der Arbeit unter Tage erzählen, soll dieser metallige Geruch gepaart mit Maschinenöl und Hydraulikflüssigkeit mit den typischen Geräuschen entstehen.
Die Schächte der Zeche Zollern sind längst verfüllt. Das Montanium ist tatsächlich ein ausgebauter Streckenabschnitt auf dem Zechenplatz. Ist also das Unter-Tage-Erlebnis eigentlich ein Über-Tage-Erlebnis?
Wir haben im Ruhrgebiet nicht mehr die Chance, tatsächlich 1000 Meter in die Tiefe zu gehen, um diese Arbeitswelt authentisch erleben zu können. Auch aus technischen Gründen sowie aus Gründen der Sicherheit. Das ist nun unser Angebot an unsere Gäste dem Bergbau und dieser Arbeitswelt so nah wie möglich zu kommen. Unter Berücksichtigung aller Auflagen.
Woher stammen die Gerätschaften und Exponate?
Wir bekamen diese 2015/2016 als Spende von der RAG; sie stammen aus dem ehemaligen Lehrbergwerk der stillgelegten Zeche Westerholt. An diesen Geräten haben zuvor jahrelang Berglehrlinge ihre Fertigkeiten erlernt und Mechanismen für die Arbeit unter Tage eingeübt. Es war für uns ein sehr großes Glück, an dieses authentische Material zu gelangen und somit die Idee des Montaniums umsetzen zu können.
Warum ist es so wichtig, die Arbeit unter Tage heute noch erlebbar zu machen und authentisch darzustellen?
Wir haben als Museum eine Brückenfunktion. Mit einem Bein stehen wir sicherlich in der Vergangenheit und beschreiben eine Arbeitswelt, die sehr lange Zeit das Ruhrgebiet und die Menschen prägte. Aber noch viel mehr wollen wir auch mit diesem Projekt in die Zukunft blicken. Denn die Fertigkeiten und Fähigkeiten der Bergleute und die Kompetenz des Bergbaus gehen ja nicht verloren und werden aktuell auch noch benötigt. Denken Sie an den Bau von Tunneln oder von U-Bahn-Linien. Ebenso die Fertigkeit, sich immer wieder neu Herausforderungen stellen zu müssen und auch technische Lösungen für Probleme zu finden. Das prägte die Menschen in der Arbeitswelt des Bergbaus. Lebenslanges Lernen ist auch ein Begriff, der unbedingt dazugehört. Da sind wir sehr aktuell und in unserer heutigen Arbeitswelt angelangt. Und das Lösen von technischen Fragestellungen gehört für unsere Besucher durch unsere Hands-on-Stationen unbedingt mit dazu. Auch um technische bzw. physikalische Fragestellungen verstehen zu können und auch gemeinsam Lösungsansätze zu finden. Und wo könnte es eindringlicher und nachhaltiger sein, als in einem solchen Raum. Der Spaß soll bitte dabei auch nicht fehlen!
Wie sind die aktuellen Bedingungen bzw. Vorgaben für einen Besuch? Gibt es Einschränkungen durch Corona?
Momentan ist der Besuch in kleinen Gruppen möglich. Wir müssen sehr auf die Inzidenzlage gucken, und danach richteten sich unsere Möglichkeiten, Angebote machen zu können. Wir bitten die Besucherinnen und Besucher, sich zuvor über die aktuelle Situation über unsere Museumsseite im Internet zu informieren. Im Normalfall bieten wir täglich mehrere und auch offene Führungen an. Auch Buchungen sind zur Zeit wieder möglich.
Das Montanium ist so konzipiert, dass es baulich noch erweitert werden kann. Was schwebt Ihnen da in den nächsten Jahren so vor?
Als nächsten Schritt wollen wir eine so genannte Untertage-Werkstatt errichten. Das Konzept steht bereits. Darüber möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten, nur dass es ein sehr spannendes zusätzliches Angebot für unsere Gäste sein wird. Am Ende dieser Entwicklung wollen wir unseren Gästen ein komplettes bis zu zweistündiges Untertage-Erlebnis bieten, das noch viele andere Arbeitsbereiche des Bergbaus vorstellt.
Haben Sie ein Lieblings-Exponat?
Ja, den Hobel. Immer wenn dieser fährt, erinnere ich mich an meine Grubenfahrten und wie beeindruckt ich davon war, wie so die Kohle gewonnen wurde. Ich bekomme jedes Mal wieder Gänsehaut!
Die Zeche Zollern ist ein Ankerpunkt auf der Route Industriekultur.
Alle bisherigen Interviews unserer Reihe "Gespräche zur Route Industriekultur" finden Sie auf dieser Seite.
Reise in die Untertagewelt
Mithilfe von Experimentierstationen, Sounds, Gerüchen und audiovisuellen Projektionen vermittelt die Untertagewelt Montanium der Zeche Zollern in Dortmund authentische Bergbau-Erlebnisse. Der ausgebaute Streckenabschnitt auf dem Zechenplatz ist gut 40 Meter lang und nutzt unter anderem Exponate aus dem früheren Lehrbergwerk der Zeche Westerholt. Dunkelheit, Sounds, Projektionen - dieses Video zeigt, was Sie bei einem Besuch im Montanium erwartet.
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